Montag, 14. Mai 2012

Hirschtracking 2.0

Eine Kurzabhandlung über den Hirsch, mobile Dienste und gehörnte Zeitgenossen im Web.

Während die Vogelkolonie ja grundsätzlich den neuen Medien aufgeschlossen (A.) bzw. nicht völlig verschlossen (B.) ist, kann selbiges keineswegs von allen animalischen Zeitgenossen behauptet werden. Auf der anderen Seite ist das nicht weiter verwunderlich, schließlich konnte noch kein passendes Übertragungsprotokoll für "Röhren", "Bellen" usw. gefunden werden (vielleicht mit IPv16 oder so). Und freilich sind standortbezogene Dienste bei Zugvögeln spektakulärer (etwa bei Störchen: "Ägypten - finde lokale Wasserläufe"), dennoch konnte B. aus der Vogelkolonie einige mediale Kleinode finden. Eine detaillierte Recherche in den Kinematheken dieser Welt steht freilich noch aus - wird wohl mal ein Sabbatical...

So erreichte die Vogelkolonie die Nachricht, dass ausgewählte Hirsche im schönen Niederösterreich "geo-tagged" wurden. B. aus der Vogelkolonie, der ja wahrlich einen "Geo-Vogel" hat, ist davon hellauf begeistert, wenngleich die Vorstellung, die Nationalparkwächter bekämen SMS mit dem Inhalt "Berti 48,159643 16,558983", ein wenig für Erheiterung sorgt. Hier ortet B. ein gewaltiges Potential für die Gewinnung und Veredelung bislang unbeachteter Geodaten, bis hin zu einem vollständigen Aktivitätsprofil (Beispiel-SMS-Text: "Berti 21:43 48,159643 16,558983, thirsty" --- "Berti 21:44 48,159638 16,558949, Lobau water dilicious" --- "Berti 21:48 48,162293 16,556186, horny" ...) Soziale Medien hätten hier eine Freude: "Berti wurde hier mit Hansi markiert: Mühlleitner Furt. Fightin' for Schatzkweline - SchatzkwiHirschkuh und SchauntalKuh09 gefällt das" --- "#dearfight: Hansi defeated" usw.; der gläserne Hirsch wäre nicht mehr weit.

B. aus der Vogelkolonie, ein anerkannter Experte auf diesem Gebiet, der seine grauen Zellen gerne in ebenso grauer Literatur verewigt, warnt jedoch auch vor den Nebenwirkungen dieses Trends: Hirsche könnten - wieder befreundet - die Ortsangaben in wahre multi-stage Geocaches verwandeln: 

  • "Gehe zu 48,181624 16,484946 - nimm den Buchstaben, der im Namen des Gewässers doppelt vorkommt, suche seinen Platz im Alphabet, bilde dessen Ziffernsumme; sie sei fortan A. 
  • Hansi findest du bei 4A,1AA461 16,52954A - äsend. Zähle die Buchstaben des zweiten Wortes der zweiten Zeile auf der Gedenktafel, ihre Zahl sein B. 
  • Gehe dann zu 4A,1633AB 16,546ABA - dort findest du Berti - gamsig...

Nix für geographische Nackerbatzeln... Sollte jemand dabei bis nach 10,AB3 123,2BA kommen, ist ein Rendez-vous mit Hirsch Albert nicht ausgeschlossen, aber doch recht unwahrscheinlich, wenn er wieder das Visayas-Pustelschwein verführt hat.

Schließlich und endlich soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass bei aller Location-Based-Euphoria es auch einige (Alpen-)rebellen gibt, die sich dem Mainstream verwehren und allen Versuchen, die aus ihrem Verhalten gewonnenen Geodaten, eine Abfuhr erteilen. Ob dies mit der Hühnerjagd oder mit dem Gefühl, gehörnt worden zu sein, oder beidem zusammenhängt, konnte von der Vogelkolonie nicht mit einem 95%-Konfidenzintervall ermittelt werden. Solange sich der arme M13 nicht mit diesem Hirsch anlegt...

Megaloceros giganteus (© Wikimedia Commons)

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